EINE KRIEGSTROPHÄE AUS SÜD-AFRIKA
Das Wehrgehänge gelangte 1879 als Geschenk von Carl Immanuel Müller (1854-1922) vermutlich zunächst in den Besitz der Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, deren Sammlungen 1904 vom Völkermuseum übernommen wurden. Auf dem Pass, der sich in dem Metallröhrchen des Wehrgehänges befand, sind u. a. Alter und Größe des ehemaligen Besitzers verzeichnet. Auch ein Name wird genannt, Colani, der aber nicht mit der Angabe in der Museumsdatenbank übereinstimmt; dort ist die Rede von einem Ncalu Maxiti. Brachte Müller eventuell die Wehrgehänge von zwei gefallenen Einheimischen mit, die dann später verwechselt wurden?
Müller, ein gebürtiger Mannheimer, wanderte 1876 nach Südafrika aus. Im 19. Jahrhundert fanden in der Kolonie Britisch-Kaffraria mehrere Grenzkriege um Land statt, an denen sich auch deutsche Legionen beteiligten. Als Leiter der deutschen Stutterheim Foot Police kämpfte Müller im neunten Grenzkrieg (1877-1879) gegen die Ngqika. In seinem Tagebuch beschreibt Müller, wie er am 11. März 1878 zwei Gegner erschießt und Tage später nochmals an der Stelle vorbeireitet, an der die Leichen noch liegen. Könnte es sein, dass das Wehrgehänge einem dieser Männer gehörte?
In dem Workshop „Was macht das hier?“ setzen sich Schüler*innen kritisch mit den Herkunfts- und Erwerbsgeschichten einzelner Objekte der Museumssammlung auseinander, die mit der Kolonialgeschichte in Deutschland verflochten sind, so auch mit dem Wehrgehänge aus Süd-Afrika. Sie bekommen Einblicke in die Debatte rund um Besitz und Rückgabeforderungen in einer ethnologischen Sammlung und erarbeiten sich im Rahmen von Gruppendiskussionen eine mögliche Haltung hierzu. Teil des Workshops ist ein Besuch im Depot und ein Gespräch mit Julia Friedel, der Kustodin der Sammlung aus Afrika, hier mit dem Wehrgehänge zu sehen.