INTERVIEW
"Sich von der Kunst des Königreichs Benin ein neues Bild machen"
Der Illustrator und Designer Osaze Amadasun im Gespräch mit den Kuratorinnen Julia Friedel und Audrey Peraldi
Der in Lagos, Nigeria lebende Künstler hat einen Beitrag zur Ausstellung „Benin. Die Sammlung im Weltkulturen Museum. Perspektiven“ geleistet. Er ist mit zwei Werken in der Ausstellung vertreten, die noch bis zum 30. Dezember 2023 zu sehen ist.
Julia Friedel: Wie hat das Königreich Benin deine Arbeit inspiriert? / Warum hast du dich dazu entschlossen, dich mit dem Thema Königreich Benin auseinanderzusetzen?
Osaze Amadasun: Alles begann 2016 mit einem Universitätsprojekt, bei dem ich die Aufgabe erhielt, einen Gedenkpark zu Ehren von Oba Esigie zu entwerfen. Als ich online nach Referenzmaterialien für meinen Entwurf gesucht habe, ist mir aufgefallen, dass es nicht viele Gemälde gibt, die historische Ereignisse und Personen des vorkolonialen Benins darstellen. Da die meisten Kunstwerke in Benin in einer sehr stilistischen Form gestaltet sind, war es für mich sehr viel schwieriger, mir eine realistische Vorstellung davon zu machen, wie die Menschen und die Landschaft des Königreichs damals ausgesehen haben. Der Versuch, diese Vorstellungslücke zu schließen, hat mich dazu inspiriert, meine eigene Interpretation der Geschichte Benins zu malen und andere zeitgenössische Ausdrucksformen zu schaffen, die von dieser Kultur beeinflusst sind.
Audrey Peraldi: Erinnerst du dich an das erste Mal, als du Kunst aus Benin gesehen hast?
AO: Soweit ich mich zurückerinnern kann, bin ich der Kunst aus Benin zum ersten Mal in den späten 1990er Jahren begegnet. Es gab einen Fernsehsender mit dem Namen ITV (Independent Television, Benin), den ich damals täglich sah. Das Logo des Senders zeigt bis heute den Elfenbeinanhänger der Königin Idia. Das war meine erste virtuelle Begegnung mit der Kunst Benins. Meine erste physische Begegnung fand jedoch 1999 statt, als ich an einem Kunstwettbewerb im Nationalmuseum von Benin teilnahm. Dort hatte ich die Gelegenheit, einige der ausgestellten Benin-Objekte persönlich zu sehen.
JF: Möchtest du deine Sichtweise zur aktuellen Debatte über die Kunst aus Benin und ihre Rückgabe mit uns teilen?
AO: Zu diesem Thema ist bereits viel gesagt worden. Es gibt immer wieder Debatten über das Eigentum an den „Benin-Bronzen“ und darüber, ob alle geplünderten Objekte zurückgegeben werden oder ob sie auf Institutionen und Privatsammlungen im Ausland verteilt bleiben sollten. Was das Eigentum anbelangt, so bin ich der Meinung, dass die Benin-Artefakte moralisch dem Oba von Benin gehören, da er der oberste Bewahrer und Repräsentant der Benin-Kultur und seines Volkes ist. Was die Rückgabe der Objekte angeht, sollte der Oba meiner Meinung nach das letzte Wort darüber haben, ob alle Artefakte zurückgehen sollen oder ob er möchte, dass einige als Botschafter der Kultur im Ausland bleiben.
AP: Wie stellst du dir die Zukunft der Benin-Objekte vor?
AO: Ich stelle mir vor, dass die Zukunft der Benin-Objekte sehr viel erlebnisorientierter sein wird. Künstler*innen und Kurator*innen streben generell danach, die Grenzen des Machbaren zu testen, während sich auch die technologische Landschaft kontinuierlich verändert. Ich kann mir also vorstellen, dass es in Zukunft viel mehr Möglichkeiten geben wird, diese Objekte und somit auch die Geschichte Benins erfahrbarer zu machen. Medien wie Augmented und Virtual Reality (AR/VR), Animationen oder Videospiele könnten eine entscheidende Rolle dabei spielen, neue und einzigartige Ausdrucksformen dieser klassischen Objekte zu erschaffen, sei es zu Bildungszwecken oder einfach zum Vergnügen des Publikums.
BIO
Osaze Amadasun (geb. 1994) ist Illustrator und Designer, der derzeit in Lagos, Nigeria, lebt und arbeitet. Seine Werke umfassen Zeichnung, Malerei, Illustration, Grafikdesign und digitale Medien, die er nutzt, um die vielfältige Kultur seiner Umgebung zu reflektieren. Amadasun beschäftigt sich in seinen Arbeiten häufig mit Themen rund um das historische Königreich Benin. Er nutzt dabei Medien wie Malerei, Spielkarten und T-Shirts, um seine Ideen auszudrücken. Seine Serie „Once Upon A Kingdom” interpretiert bedeutende Ereignisse im Benin des 16. Jahrhunderts neu.
Das Interview ist in der aktuellen Weltkulturen News zu lesen und in der Ausstellung "Benin. Die Sammlung im Weltkulturen Museum. Perspektiven"
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