WEIHNACHTSGRUSS

22.12.2020

Im europäischen Brauchtum werden die Nächte der zweiten Dezemberhälfte als Rauhnächte bezeichnet. In der Regel beginnen sie mit dem Weihnachtsabend am 24. Dezember und enden mit der Nacht auf den Dreikönigstag am 6. Januar. In diesen dunklen Nächten, so glaubte man, drohte Unheil, da das Tor zum Jenseits und zum Reich der Geister weit geöffnet war. Um den Teufel, Gespenster oder Dämonen nicht herauf zu beschwören wurde gefastet, gebetet und Stuben und Ställe mit Weihrauch beräuchert. Um die wilde Jagd zu Silvester nicht auf sich aufmerksam zu machen, sollten Frauen keine weiße Wäsche auf die Leine hängen. Gewissermaßen herrschte eine Unzeit, in der der gewohnte Ablauf der Tage zum Stillstand kam.

Auch wenn solche Vorstellungen gerade in einer modernen Stadtgesellschaft wohl kaum noch eine Rolle spielen, bezeichnen wir im Alltag die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr als Zeit ‚zwischen den Jahren‘. Das vielfach vergangene Brauchtum lässt sich durchaus mit einer inneren Haltung der heutigen Zeit vergleichen. Zwischen den Jahren wünschen sich die meisten von uns Urlaub. Der Alltag sollte zum Stillstand kommen und die Tage mit etwas Besonderem angefüllt sein. Wir möchten zur Ruhe kommen, ein besinnliches Weihnachten erleben, um dann mit guten Vorsätzen ins Neue Jahr zu starten.

Doch jetzt während der Corona-Pandemie fällt das nicht immer leicht. Manche  empfinden Unsicherheit und Bedrohung, andere fühlen sich einsam oder zu Hause eingeschlossen.  Dann gilt es, innere Dämonen auszutreiben. Mir hilft Lesen in solchen Momenten. Es verspricht nicht nur Ablenkung, sondern auch die Eröffnung anderer Perspektiven und die Vermittlung neuer Werte.

Auch Sie haben vielleicht kleine  Rituale, mit denen Sie dunklere Zeiten bewältigen: Ich hoffe von Herzen, dass sie – wie früher der  Weihrauch  – Ihnen dabei helfen, neuen Mut zu schöpfen und zur Ruhe kommen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen friedliche und erholsame Feiertage und einen inspirierten Übergang in das neue Jahr.

Ihre Eva Raabe