FACE TO FACE / KANOHI KI TE KANOHI / FA'AFESAGA'I (Frankfurter Buchmesse 2012)
Francis Pesamino ist ein in Neuseeland aufgewachsener samoanischer Künstler. 2011 schloss er seine Studien am Manukau Institute of Technology ab. Erst kürzlich wurden seine Arbeiten im Mangere Arts Center in South Auckland ausgestellt. Nun präsentiert er diese das erste Mal in Europa.
Pesamino beschäftigt sich intensiv mit der Frage seiner kulturellen Identität. Er malt Portraits Prominenter aus dem öffentlichen Leben Samoas und Neuseelands, indem er deren Gesichter aus handgezeichneten Typografien zusammensetzt. Schaut man genauer hin, erkennt man, dass den dargestellten Personen so ihre widersprüchlichen Charaktereigenschaften, ihre inneren und äußeren Zwänge und Befindlichkeiten geradezu ins Gesicht geschrieben stehen.
Den komplexen Tuschzeichnungen Pesaminos werden historische Objekte aus der Polynesien-Sammlung des Weltkulturen Museums gegenübergestellt. Alle Objekte nehmen Bezug zum Thema Tätowierung, denn Pesaminos Portraits rufen sowohl formal als auch inhaltlich Assoziationen mit dieser polynesischen Kunst der Körpergestaltung wach. Die in die Haut geschlagenen Muster sind lesbare Zeichen der Abstammung, des sozialen Status und Familienstands ihrer Träger. Besonders markant sind die männlichen Gesichtstätowierungen der Maori Neuseelands, deren Ornamente – wie die Typographien in Pesaminos Portraits - den natürlichen Konturen des Gesichts folgen. Die Tätowier-Muster anderer pazifischer Inselgruppen bedecken den menschlichen Körper so lückenlos und fließend, dass sie fast wie Schrift auf der Haut wirken. Besonders die Ornamente der auf den Marquesas Inseln üblichen Körpertätowierungen wirken aufgrund ihrer strengen, eckigen Formen geradezu wie ein Text aus Druckbuchstaben.
Francis Pesamino über seine Arbeit:
„Ich sehe meine Zeichnungen nicht einfach als Repräsentation der samoanischen Kultur und Bevölkerung, sondern auch als Reflektion, wie samoanische Kultur in der modernen Welt von außen angesehen wird. Sei es in Form von Stereotypen, sei es als Präsentation von bekannten samoanischen Persönlichkeiten in den Medien – alles Dinge, die das Selbstbild der Samoaner prägen. Meine Zeichnungen bringen meine eigene Position zwischen den verschiedenen Perspektiven zum Ausdruck.
Ich wünsche mir, dass meine Arbeiten als visuelles Erzählen von Geschichten verstanden werden. Es ist dem Betrachter überlassen, in den Zeichnungen zu lesen, welche Persönlichkeiten dargestellt sind. Wenn sie die Wörter entziffern, können sie sich daraus selbst eine Geschichte über die dargestellte Person und deren Bild in der Öffentlichkeit konstruieren. Das wiederum beeinflusst die Art, wie Samoaner gesehen werden – sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer eigenen Kultur.“
Kuratiert von Dr. Eva Raabe, Forschungskustodin, Weltkulturen Museum.
Mit freundlicher Unterstützung der Regierung Neuseelands durch den Cultural Diplomacy International Fund.