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FSJ-Projekt „Montags im Museum“

Wieso haben Sie sich diese Objekte für Ihr Foto ausgesucht?

Ich habe mich für diese Objekte entschieden, weil das Sachen sind, die ich im täglichen Arbeitsleben benötige. Unter anderem den Taschenrechner, den ich für jegliche Art von Abrechnungen, Prüfungen von Angeboten, Rechnungen, Verwendungsnachweisen brauche. Der Tagesstempel ist auch ein wichtiges Instrument in der Verwaltung. Damit werden alle Rechnungen und Schriftstücke versehen, um zu wissen, wann diese bei uns eingegangen sind und uns somit keiner sagen kann, dass wir langsam gearbeitet hätten. Und der Notizblock ist auch wichtig, weil man ja immer mal so Informationen zugerufen bekommt, die man sich dann für später kurz notieren kann.

Sie müssen ja sehr viel telefonieren. Was war bisher Ihr witzigster/ interessantester/ spannendster Anruf?

Das ist schwierig zu sagen. Also ich bin schon einmal froh, dass ich noch keinen Telefonscherz vom Radio hatte und reingelegt worden bin. Witzige Anrufe hab ich in der Hinsicht also eher weniger, aber es kommt öfters mal vor, dass Personen hier anrufen und ihre Geschichte erzählen. Meistens kann ich sie dann gar nicht unterbrechen und sie darauf hinweisen, dass sie hier falsch seien. Wenn die Person Luft holt, kann ich dann sagen, dass die Tochter schon in der Schule und nicht hier krankgemeldet werden müsste. Ich sag mir immer: Wenn man selber lächelt, lächeln die anderen auch. Wenn man „grimmig“ telefoniert, denke ich mir, dass das Gespräch dann meistens auch nicht positiv verläuft, deswegen versuche ich immer zu lachen oder wenigstens positiv dabei zu sein.

Was sind denn Ihre Aufgaben in der Verwaltung und welche davon macht Ihnen am meisten Spaß?

Also hier in der Verwaltung haben wir drei Bereiche. Das sind einmal das Rechnungswesen, Personalaufgaben und die allgemeine Verwaltung. Alle drei Bereiche finde ich spannend. Mein Augenmerk liegt allerdings so ein bisschen auf dem Rechnungswesen, weil ich den Wirtschaftsplan für das Haus erstelle – natürlich immer in Zusammenarbeit mit der Direktion. Oder ich fertige Verwendungsnachweise für Projekte an, für die wir Fördergelder bekommen haben. Das ist ein wichtiger Posten, der mir auch Spaß macht. Also mit Zahlen zu hantieren und das Ganze zu händeln. Zusammen mit den anderen zwei Bereichen wird dann alles abwechslungsreich und man kann viel Wissen anhäufen

Ich hab mich einmal durchgefragt und herausgefunden, dass Sie ja auch schon einige Zeit hier am Museum sind. Was hat sich denn in dieser Zeit verändert und was hat Sie motiviert hierzubleiben?

Was sich verändert hat ist schwierig zu sagen. Es ist immer so, dass mit jedem neuen Direktor bzw. jeder neuen Direktorin neue Herausforderungen und Veränderungen kommen. Ob diese positiv oder negativ sind mag mal dahingestellt sein, aber die gibt es dann einfach. Was in den letzten Jahren dazugekommen ist, sind unsere – vor allem auch internationalen – Gäste. Dabei kümmere ich mich meistens um den Flug und das Hotel und was eben noch so dazugehört. Das wäre für mich ein Beispiel einer Veränderung. Und was mich motiviert hierzubleiben? Das ist eine gute Frage. Weil es hier so vielseitig ist und ich für so viele Bereiche zuständig bin. Es ist nicht so, dass ich mich den ganzen Tag nur um die Finanzen kümmere, sondern ich kann auch sagen, naja jetzt habe ich heute mal eher Lust eine Ausschreibung vorzubereiten oder Rechnungen zu bezahlen oder die Statistik zu machen, also ich kann mir so meine Aufgaben selbst enteilen. Natürlich muss ich sie irgendwann machen, aber ich bin in meiner Arbeitstaggestaltung schon relativ frei und das ist eine schöne Sache. Was sicherlich in anderen Bereichen nicht so ist. Da hat man nur Personal, oder Rechnungsführung oder allgemeine Verwaltung und wir machen hier in der Verwaltung alles. Natürlich motiviert es einen hierzubleiben, wenn man nette Kollegen hat wie Suanne Becker (ebenfalls in der Verwaltung tätig), mit der ich ja sehr eng zusammenarbeite und wenn man dann weiß, dass man ein gutes Arbeitsumfeld hat, dann bleibt man doch auch eher mal länger, auch wenn es schwierig wird.

 

 

 

 

Interview mit Eva Raabe, Stellvertretende Direktorin und Kustodin Ozeanien, seit 1985 am Weltkulturen Museum

Wieso haben Sie sich diese Objekte für Ihr Foto ausgesucht?

„Es ist eine etwas schwierige Frage, weil ich gar kein Objekt habe, welches immer da sein muss, neben mir auf dem Schreibtisch, während ich arbeite. Wenn ich mich zum Beispiel in das Texteschreiben versenke, dann sind die Objekte nicht mehr so wichtig, weil ich sie dann vor meinem geistigen Auge habe. Aber was ich niemals tue, ist ohne Ohrringe zu tragen aus dem Haus zu gehen, dann fühle ich mich nackt. Ich habe eine sehr große Sammlung, weil ich dank meiner Arbeit am Museum eine Affinität zum Sammeln habe. Die Ohrringe sind ein ganz wichtiges Sammlungsthema bei mir und ich habe von meinen Reisen immer Ohrringe mitgebracht. Was ich hier mitgebracht habe, sind Ohrringe mit Landschnecken von Manus, einer Insel nördlich von Neuguinea. Die habe ich mir in Port Moresby, der Hauptstadt Papua-Neuguineas, gekauft, bei einem italienischen Juwelier. Das ist ein ganz ungewöhnlicher Beruf in Papua-Neuguinea, weil man da ja traditionell die Metallverarbeitung gar nicht kannte und sich erst später, mit der Kolonialzeit, erst solche Berufe angesiedelt haben. Dieser Juwelier hat eine Marktlücke entdeckt und somit ein riesiges Geschäft in Port Moresby gehabt. Sein Schmuck ist sehr interessant, weil er aus Naturmaterialien und Edelmetallen zusammengesetzt ist. Was ich an diesen Ohrringen so beachtlich finde, ist, dass es Landschnecken sind, die nur auf Manus vorkommen. Zu der grünen Farbe werde ich häufig gefragt, ob sie gefärbt sind, aber es ist die originale Farbe. Das Interessante ist, dass sie in Amerika auf der roten Liste für den Artenschutz stehen, in Deutschland aber nicht. Das erinnert mich immer daran, dass man Dinge von zwei Perspektiven aus sehen und sich auch manchmal täuschen kann. Nach eigener Nachforschung hat mir ein Naturwissenschaftler erklärt, dass es darauf ankommt, wann man zählt, denn die Artenschutzliste kommt durch das Zählen zustande. Die Amerikaner sind in der Trockenzeit dort gewesen, wo sich die Schnecke unter Blätter zurückzieht und versteckt, um zu überleben. Die deutschen Naturkundler haben in der Monsunzeit, wo es viel regnet, gezählt und da waren genug Schnecken da und so ist das zustande gekommen. Das sind eigentlich meine liebsten Ohrringe, nicht nur, weil sie so schön grün sind, sondern weil ich auch immer an diese Geschichte denken muss, dass es darauf ankommt, von welcher Seite man eine Sache betrachtet.“

Was ist ihre liebste Geschichte aus dem Alltag des Museums?

„Da musste ich ganz lange nachdenken, weil ich jetzt ja schon über dreißig Jahre hier bin und so viel passiert ist in dieser Zeit. Aber ich habe mich entschieden, wieder etwas zu erzählen, was mit der Insel Manus zu tun hat. Das kommt daher, dass Ozeanien und ganz besonders Neuguinea mein Spezialgebiet ist. Ich war auch schon mehrfach da und habe dort sehr viel mit zeitgenössischen Künstlern gearbeitet. Einer dieser Künstler kommt von der Insel Manus, ist aber ausgebildeter Kunstlehrer und lebt in Port Moresby. Er war auch zu Besuch in Deutschland und hat bei mir gewohnt. Das war noch zu Anfang der 90er Jahre, in einer Wohnung, wo man noch nicht so viele Fernsehprogramme hatte, schon gar keine englischsprachigen und um uns die Zeit zu vertreiben, haben wir uns dann abends Geschichten erzählt. Er hat mir von seinem Vater erzählt, der Fischer war und der Mal eines Abends ganz erschrocken nach Hause kam und gesagt hatte, er hätte eine Meerjungfrau an der Angel gehabt und diese wäre langsam die Angel hochgestiegen, er wäre aber dann geflüchtet, weil er Angst gehabt hatte und dann hat Joe Nalo, der Künstler, gesagt: „Oh Vater, warum hast du nicht gewartet, ich würde gerne wissen, wie eine solche Meerjungfrau aussieht.“ Dann habe ich gesagt: „Sag Mal, du bist studierter Lehrer, glaubst du an so etwas?“ und da hat er gesagt, sein Vater hätte die Kinder nie belogen, deswegen würde er es glauben. Dann habe ich gesagt: „Ja aber, was meinst du denn, wie sehen bei euch die Meerjungfrauen aus? Sehen die aus wie du oder sehen die so aus, wie man sich das bei uns erzählt, nämlich mit ganz heller Haut und langen blonden Haaren, mit grünen Algen drin?“ Und dann hat er mich angesehen, ich hatte damals auch noch blondierte Haare, hat gelacht und dann gesagt: „Die haben natürlich blonde Haare.“ Und zwei, drei Jahre später, hat uns dieser Künstler ein Bild zum Kauf angeboten und hat eine Mythe seiner Heimat dargestellt, von einer besonderen Insel. Das ganze Meer darum herum ist bevölkert von Fischen und Lebewesen und ganz oben in der Ecke sieht man auch eine Meerjungfrau und diese Meerjungfrau hat helle Haut und lange, blonde grünliche Haare. Das fand ich dann ganz prima, weil dieses Bild später entstanden ist und es zu einem guten Teil auch auf die Geschichten zurückgeht, die wir uns damals erzählt haben.“  

Was hat sich in den letzten 33 Jahren am meisten hier am Museum verändert? Was hat sich gar nicht verändert?

„Was sich nicht geändert hat, ist, dass wir immer noch keinen Neubau haben, obwohl wir es schon mehrfach geplant haben, aber eigentlich hat sich immer dieses Vorgehen wiederholt. Wir mussten ein Konzept entwerfen, es gab Neubaupläne und dann sind diese Neubaupläne wegen finanzieller Schwierigkeiten der Stadt Frankfurt gestrichen worden. Das ist bei den älteren Mitarbeitern schon ein Running Gag, dass wir, wenn wieder Mal eine Neubauplanung diskutiert wird, ganz sicher sein können, dass die Stadt Frankfurt finanzielle Probleme kriegt und wir den Neubau wieder streichen müssen.                                                      Aber was sich sehr stark geändert hat, ist die Arbeitsweise. Ich habe in den 80er Jahren angefangen, da haben wir überhaupt nicht mit Computern gearbeitet. Die Stadt Frankfurt hat erst in den 90er Jahren umgestellt auf digitale Medien. Allein dass wir heute eine Datenbank haben und ganz anders recherchieren können, wenn wir Ausstellungen oder Projekte vorbereiten. Früher musste ich, wenn ich zum Beispiel eine Ausstellung zum Thema Masken gemacht habe und ich etwas für Übergangsriten suchen wollte, mit der Daumen-such-Methode durch die Karteikarten gehen und an den Schränken entlang gehen, was ich heute noch mache, um mich von den Objekten selbst inspirieren zu lassen. Aber heute kann ich natürlich die Worte Maske, Übergang, Ritus, Kult in den Computer eingeben und kriege dann die Listen der Objekte und kann sehr viel schneller und zielgerichteter arbeiten.                 Vielfach hat sich die Sicht auf Dinge verändert. Man ist wieder viel visueller, früher hat man sehr viel mehr mit Text gearbeitet, weil durch das Fehlen der digitalen Fotografien das Fotografieren viel langwieriger war. Man hat Objekte fotografiert und dann auf die Abzüge gewartet und heute macht man mit der digitalen Kamera in ein paar Minuten Mal schnell 12 Arbeitsaufnahmen. Außerdem bin ich Ethnologin und da lernt man, dass Zeit immer zyklisch abläuft. Ich bin der Meinung, dass sich vieles wiederholt, auch in meinem Leben. In den 70er Jahren gab es noch viele politische Bewegungen, die sehr kritisch sein wollten in der Ethnologie. Dann ist man wieder eher zum Darstellen von Kunst übergegangen und heute ist man wieder viel kritischer. Die Fragen, die heute gestellt werden, über Raubkunst und koloniale Herrschaft, erinnern mich sehr stark an mein Studium und meinen Arbeitsbeginn. Natürlich ist es dann immer in einer etwas anderen Form gekleidet, aber vieles kennt man dann auch schon.

Es kommt auch immer wieder anders rüber, weil jüngere Leute auch ihre eigene Perspektive mitbringen. Das finde ich positiv, weil es einen immer wieder neugierig macht, wie dann die nächste Generation mit Problemen umgeht. Die Vorgehensweise ist oft ganz anders und davon habe ich auch viel gelernt. Es ist wichtig, dass man nicht sagt, die Älteren müssen immer vorgeben wie es gemacht wird, oder dass die Jüngeren viel origineller als die Älteren sein. Sondern dass man offen ist, dass man voneinander lernen und sich über Dinge austauschen kann. Das denke ich mir ist so, wenn man auf dreißig Jahre zurückschaut, das Wichtigste.“

Wieso eigentlich Ozeanien?

„Das hat etwas zu tun mit meinem Studienort. Ich habe in Göttingen studiert und da war neben Afrika Ozeanien ein Schwerpunkt. Ich habe mich im ersten Jahr viel mit Afrika beschäftigt, aber mich dann schon im zweiten Studienjahr auf Ozeanien spezialisiert, weil ich fasziniert war von den Vorlesungen meines Doktorvaters, der Ozeanist war und auch gerade von einer Feldforschung zurückkam. Was mich fasziniert hat, war diese andere Situation in Ozeanien, weil es ja nicht mit einem Kontinent zu tun hat, sondern mit einer ganz vielfältigen Inselwelt. Es hat aber auch noch etwas damit zu tun, dass ich schon als Schülerin im Bücherregal meiner Eltern, die beide Lehrer waren, Bücher gefunden habe von Margaret Mead, einer amerikanischen Ethnologin, die berühmt geworden ist, weil sie in der Südsee und vor allen Dingen in Samoa geforscht hat, dass erwachsen werden kulturell bedingt ist. Solche Bücher hatten in den 50er 60er Jahren gerade Lehrer im Bücherschrank stehen, weil sie sich mit pädagogischer Theorie beschäftigten. Es hat mich damals schon fasziniert und als ich dann in Göttingen studiert habe, liefen all diese Themen, die mich faszinierten, irgendwie auf glückliche Art und Weise zusammen. Dann habe ich Ozeanien als Spezialgebiet gewählt und bin schon während des Studiums in Neuguinea gewesen und habe mich da mit zeitgenössischer Kunst beschäftigt. Als ich dann zurückkam, wollte ich nichts anderes mehr machen, als Ozeanien.“